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Offshore Windparks

Windpark in der Nordsee

Windpark in der Nordsee (Photo: Matthias Krüger/ Hereon)

Entwicklung der Offshore-Windenergie - ein Fall für die Küstenforschung

In den letzten zehn Jahren hat die Entwicklung von Offshore-Windparks in der Nordsee erheblich zugenommen. Ende 2021 hat die Kapazität in der Nordsee eine Gesamtkapazität von 22,5 GW erreicht. Bis 2030 wird die Gesamtkapazität der Offshore-Windenergie voraussichtlich 120 GW und bis 2050 300 GW betragen.
Diese rasche Umwandlung, insbesondere der südlichen Nordsee, in eine Energie-Meereslandschaft birgt Konfliktpotenzial mit anderen Nutzungssektoren wie Fischerei und Tourismus und könnte gleichzeitig Naturschutzmaßnahmen beeinträchtigen, die durch nationale und internationale Gesetze festgelegt sind.
Das Helmholtz-Zentrum Hereon untersucht daher die physikalischen, biogeochemischen und ökosystemare Auswirkungen sowie soziale und planerische Aspekte des Offshore-Windpark Ausbaus.

Verschiedene Aspekte unserer Forschung

Windparkplanungen

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Grafik: A. Kock/ Hereon




In den letzten Jahrzehnten hat die Entwicklung von Offshore-Windparks in der Nordsee erheblich zugenommen.

Für die Planung eines Offshore-Windparks sind gute Kenntnisse der meteomarinen Umgebung erforderlich. Wir liefern diese Daten mit dem Hereon-coastDat-Datensatz, wie in der Abbildung dargestellt. Unsere hochauflösenden atmosphärischen Simulationen benötigen räumliche Informationen über Windparks, die Dichte der Turbinen, ihre Nabenhöhe und die Leistung als Input.

Positionen von geplanten Windparks

Grafik: Ulrike Kleeberg, Elke Meyer / Hereon




Die Abbildung zeigt die mit Hereon-coastDat-Daten geplanten Offshore-Windparks (rote Punkte) in der Nord- und Ostsee; die Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) Deutschlands ist in blau dargestellt.

Es gibt umfangreiche Wechselwirkungen zwischen Offshore-Windparks und der Umwelt, die uns vor Herausforderungen stellen und Einschränkungen in ihrer Nutzbarkeit mit sich bringen.
Letzteres wurde in mehreren Hereon-Studien unter Verwendung der coastDat-Datenbank untersucht. So wurde beispielsweise eine Klimatologie der Windenergie über der Nordsee entwickelt, die auch potentielle Synergien verschiedener Windpark-Anordnungen berücksichtigt. Insbesondere werden die meteorologischen Daten von coastDat von fast allen geplanten und bereits in Betrieb befindlichen Offshore-Windparks innerhalb der Deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone zur Optimierung des Designs und der Logistik genutzt.

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Grafik: N. Akhtar/ Hereon



Die Abbildung zeigt die Verringerung der Windgeschwindigkeit in Nabenhöhe aufgrund der Energiegewinnung durch Windparks.

Die Verringerung der Windgeschwindigkeit innerhalb von Windparks und für benachbarte Windparks führt zu einer Verringerung des Kapazitätsfaktors. Dies führt zu einer Erhöhung der Energieerzeugungskosten und wirtschaftlichen Verlusten und muss in der Planungsphase berücksichtigt werden.

Um die Auswirkungen wichtiger Entwicklungen im Offshore-Windenergiesektor zu bewerten, entwickeln wir technische Szenarien auf der Grundlage der Daten von 4C Offshore.

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Grafik: Nils Christiansen/ Hereon


Bestehende und geplante Offshore-Windparks sowie potenzielle Entwicklungsgebiete in deutschen Gewässern. Die verschiedenen Entwicklungsstadien sind durch die Farben der Windparkflächen gekennzeichnet.

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Grafik: Nils Christiansen/ Hereon


Ausbaustatus und Zukunftsprognosen für die Offshore-Windenergie in der Nord- und Ostsee. Die verschiedenen Entwicklungsstadien sind durch die Farben der Windparkflächen gekennzeichnet.

Für weitere Informationen können Sie die coastDat Broschüre herunterladen.

Publikationen

Atmosphärische Nachläufe

Offshore-Windparks (OWF) entziehen dem Windfeld Impuls und sorgen gleichzeitig für eine Verstärkung von Turbulenz. Die dabei entstehenden Nachläufe sind aus verschiedenen Gründen von praktischer Bedeutung:

1) Stromabwärts gelegene Windparks können weniger Energie aus dem Wind gewinnen, und gleichzeitig kann sich die Ermüdungsbelastung aufgrund von Turbulenzen ändern.
2) Das veränderte Windfeld kann zu sekundären Auswirkungen auf den Ozean führen (z. B. Zirkulation, Wellengang oder Ökosystem).
3) Bei einer weiteren Vergrößerung von Offshore-Windparks sind Auswirkungen auf großräumigere Wetterverhältnisse zu erwarten.

Am Hereon wurden atmosphärische Nachläufel untersucht, wobei sowohl numerische Modellierung als auch Satellitenbeobachtung eingesetzt wurden. OWFs können in numerischen Modellen für die Atmosphäre durch entsprechende Parametrisierung hinzugefügt werden, die verschiedene OWF-Parameter wie die Leistungs- und Schubkoeffizienten, den Rotordurchmesser, die Nabenhöhe und die räumliche Turbinendichte berücksichtigen. Eine entsprechende Simulation für die gesamte Nordsee ist in Abbildung 1 dargestellt.

Abb. 1: Windgeschwindigkeitsanomalien durch Windparks mit einer installierten Leistung von 150 GW, modelliert mit einem regionalen Klimamodell: halbtransparente dunkelblaue (-2 m/s) und bräunliche (+2 m/s) Farben. Die Farben an der Meeresoberfläche stellen die Veränderungen des latenten Wärmeflusses dar. (Animation: A. Elizalde / Hereon, M. Böttinger / DKRZ

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Abb. 2: Radiometrisch kalibriertes Sentinel-1A-Bild, aufgenommen über der Deutschen Bucht am 1. April 2020 um 17:17 UTC (Copernicus Sentinel-Daten 2020). Einzelne Windenergieanlagen sind als weiße Punkte zu erkennen, die sich in Windparks gruppieren. Die obere rechte Ecke zeigt Messungen des X-Band-Radars von Hereon, das auf der Forschungsplattform FINO-3 installiert ist (gelber Kreis).

Atmosphärische Wirbel können auch mit Hilfe von Radardaten mit synthetischer Apertur (SAR) untersucht werden, wie sie von den europäischen Sentinel-1-Satelliten oder TerraSAR-X geliefert werden. Abbildung 2 zeigt eine SAR-Szene der Deutschen Bucht, aufgenommen am 1. April 2020. Das SAR-Radarsignal ist mit der oberflächennahen Windgeschwindigkeit korreliert, d.h. die helleren Bereiche auf dem Bild zeigen höhere Windgeschwindigkeiten an und umgekehrt.

Es zeigt sich, dass die Länge der Nachläufe bis zu 100 km betragen kann und eine Überlagerung von Nachläufen aus verschiedenen OWFs häufig vorkommt (Abb. 2 und 3). Durch die Korrelation der Satellitenbeobachtungen mit den Messungen der FINO-1-Messplattform konnte darüber hinaus gezeigt werden, dass die Länge der Nachläufe stark mit der Stabilität der atmosphärischen Grenzschicht zusammenhängt. Die Nachläufe sind tendenziell kürzer in instabilen Situationen, die typischerweise auftreten, wenn die Luft kühler ist als das Wasser (Djath et al., 2018; Platis et al., 2020).

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Abb. 3:
Oben: Oberflächennahe Windgeschwindigkeit, abgeleitet aus einer Sentinel-1A-Szene, aufgenommen am 7. April 2017 um 05:49 UTC.
Unten: Berechnetes Geschwindigkeitsdefizit (Djath et al., 2019).

Ein weiteres Untersuchungsfeld ist die Überlagerung von atmosphärischen Nachläufen und Küsteneffekten. Wenn der Wind vom Land in Richtung Meer weht, nehmen die Windgeschwindigkeiten in der Regel zu, da die Meeresoberfläche glatter ist als die Landoberfläche und somit die Reibung geringer ist. Die OWF-Nachläufen liegen typischerweise innerhalb des jeweiligen Windgeschwindigkeitsgradienten, wie in Abbildung 4 dargestellt (Cañadillas et al., 2022; Djath et al., 2022; Schulz-Stellenfleth et al., 2022).

Nachläufe wurden außerdem mit dem X-Band-Radar von Hereon untersucht, das auf der Plattform FINO-3 installiert ist (siehe Abb. 2). Das Radar liefert zusätzliche Informationen über die zeitliche Entwicklung des Windfeldes, z. B. in Bezug auf Böen und Scherungszonen der Windgeschwindigkeit über den von den einzelnen Turbinen ausgehenden Nachläufen.

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Abb. 4: 10-m-Windgeschwindigkeit aus SAR am 6. April 2018 um 17:16UTC (links), entsprechender Modellwind des Deutschen Wetterdienstes in 10 m Höhe (rechts), der die Zunahme des Windfelds weg von der Küste bei südöstlichen Winden zeigt (Djath et al., 2022).

Publikationen

Wechselwirkung Wind-Ozean

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Veränderungen der Oberflächenwindgeschwindigkeit durch Offshore-Windparks (A) und ihre Auswirkungen auf den vertikal gemittelten horizontalen Volumentransport (B) im Jahresmittel.

Die Energiegewinnung aus Offshore-Windressourcen verringert die Windgeschwindigkeit stromabwärts von Offshore-Windkraftanlagen. Die daraus resultierenden Windströme beeinflussen die oberflächennahen Winde, was sich auf windgetriebene Prozesse im Ozean wie Oberflächenströmungen, Temperaturaustausch oder Durchmischung der Oberflächenschicht auswirkt. Bei großen Offshore-Anlagen führen Windsog-Effekte nachweislich zu großräumigen Veränderungen des horizontalen Transports und der Dichteschichtung im Ozean, was die regionale Hydrodynamik in Schelfmeeren wie der Nordsee beeinflusst.

Die biogeochemischen Prozesse in den marinen Ökosystemen der unteren Trophie werden stark von den vorherrschenden physikalischen Bedingungen bestimmt. Daher wirken sich die durch Windströme verursachten hydrodynamischen Störungen direkt auf die Ökosystemdynamik aus und beeinflussen zum Beispiel den vertikalen Nährstofftransport, die Primärproduktion oder die lokale Biomasse.

Regionale und hochauflösende Modelle werden verwendet, um die Auswirkungen eines veränderten Windfeldes auf die Hydro- und Ökosystemdynamik in der Nordsee zu untersuchen. Dazu gehören sowohl gekoppelte physikalisch-biogeochemische Modelle als auch flexible Modelle mit unstrukturierten Gittern.

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Relative Veränderungen in der jährlich und vertikal gemittelten Phytoplankton-Biomasse aufgrund von atmosphärischenTurbinenströmungen

Publikationen

Windböen

Windböen Nordsee per Oberflächenradar

SuMit dem Oberflächenradar erfasste Windfelder (im Abstand von 120 Sekunden) einer Windböe, die sich in Richtung der Offshore-Plattform Fino-3 in der Deutschen Bucht ausbreitet (Grafik: Jochen Horstmann / Hereon)

Für eine verbesserte vorausschauende Steuerung von Offshore-Windparks hat Hereon ein System zur kurzfristigen (30 bis 60 Sekunden) Vorhersage von Windgeschwindigkeit und Böen entwickelt. Windfelder werden aus Seeradar-Bildsequenzen abgerufen, um Windböen zu identifizieren und ihre Größe, Ausbreitungsgeschwindigkeit und -richtung abzuschätzen.

Sedimentfahnen

Zur Untersuchung der von den Pfählen von Offshore-Windparks erzeugten Wirbel wurde ein unstrukturiertes Gitter-Ozeanmodell (SCHISM) verwendet (Grashorn und Stanev, 2016). Es wurde gezeigt, dass das Modell Merkmale der Schwebstoffkonzentration reproduzieren kann, die zuvor in optischen Satellitenbildern beobachtet wurden.
Die Einführung von Turbulenzen im Wasser vor den Windparkpfählen kann einen erheblichen Einfluss auf die Sedimentdynamik haben. Eine höhere Turbulenzenergie hinter den Pfählen führt zu einer stärkeren vertikalen Durchmischung und kann daher zu höheren Sedimentkonzentrationen nahe der Meeresoberfläche führen.

Sedimentkonzentrationen von Schwebstoffen

Grafik: Sebastian Grashorn/ Hereon

Momentaufnahmen der Oberflächensedimentkonzentration von Schwebstoffen für ein Modell-Bassin mit einer Tiefe von 21,6 m

Dieser Effekt wurde mit dem unstrukturierten Gittermodell SCHISM in Hereon erfolgreich simuliert (Grashorn und Stanev, 2016). Das Modell ist für diese Anwendung gut geeignet, da es kleinräumige Prozesse in der Nähe der Pfähle auflösen kann, indem es in dieser Region ein feineres Berechnungsnetz verwendet. Die im Bild gezeigten Wirbel erhöhter Oberflächensedimentkonzentrationen werden durch die für die Deutsche Bucht typischen Gezeitenströmungen angetrieben.
Die Auswirkungen von Offshore-Windparks auf die Sedimentdynamik gehen weit über die Erosions-/Ablagerungsmuster auf lokaler Ebene hinaus. Sie können sich auch auf das Funktionieren der Ökosysteme und die Kohlenstoffbindung in den Sedimenten auswirken. Der Schiffsverkehr im Allgemeinen und der Einsatz von bodenberührenden Fanggeräten im Besonderen ist innerhalb von Offshore-Windparks (OFWs) in der Regel eingeschränkt oder verboten. In den nächsten Jahrzehnten ist daher mit einer erheblichen Zunahme des Konfliktpotenzials zwischen OWFs und der Fischerei in der Nordsee zu rechnen, da mehrere Anrainerstaaten den Bau umfangreicher Offshore-Infrastrukturen für erneuerbare Energien planen. Für dieses Szenario wurden die Windparks in der 4C Offshore-Datenbank (https://www.4coffshore.com/windfarms/, letzter Zugriff: 2. Mai 2023) berücksichtigt, mit Ausnahme derjenigen, deren Projektstatus als „abgebrochen“, „stillgelegt“ oder „gescheiterter Vorschlag“ klassifiziert ist. Wir haben die Parametrisierungen von Christiansen et al. (2022a, b, 2023) übernommen, die für die Nordsee entwickelt und validiert wurden, um die Windnachlauf- und Pfahleffekte beim Partikeltransport zu berücksichtigen.

Unsere Ergebnisse zeigen, dass die OWF eine relativ geringe Auswirkung auf die Gesamtablagerung und Vergrabung von partikulärem organischem Kohlenstoff haben, was auf die begrenzte Überlappung zwischen Schleppnetzfanggebieten, OWF und Gebieten mit Kohlenstoffablagerungen sowie auf den mildernden Faktor der geringeren Windgeschwindigkeit zurückzuführen ist, die den Windstress und damit die natürliche Strömungsaufwirbelung innerhalb und in Windrichtung der OWF verringert. Im Modell treten starke lokale Effekte auf, und die Windwellen und die Erzeugung von Pfahlturbulenzen bewirken, dass sich die Auswirkungen auf beträchtliche Entfernungen von den OWF selbst erstrecken. Eine ganzheitliche Bewertung der Auswirkungen von OWF auf den Sedimentkohlenstoff sollte den Kohlenstoffverlust durch die Störung des Meeresbodens während des Baus und der Stilllegung sowie sekundäre Effekte wie die Ansiedlung von Organismen an den Fundamenten von Windkraftanlagen und die Auswirkungen von Windströmungen auf die Ökosystemstruktur berücksichtigen. Unter Verwendung eines Ökosystemmodells, das Windsog-Effekte berücksichtigt, simulierten Daewel et al. (2022) einen lokalen Anstieg des Sedimentkohlenstoffs von bis zu 10 % nach einem Jahr, aber nur einen geringen Nettoanstieg von 0,2 % für die gesamte Nordsee. Obwohl unser OWF-Szenario eine leichte Abnahme des sedimentären partikulären organischen Kohlenstoffs zeigt, ist dies in erster Linie auf die Umverteilung des Schleppnetzaufwands zurückzuführen, während der Windsog-Effekt ein ähnliches Vorzeichen und Ausmaß wie bei Daewel et al. (2022) aufweist. Heinatz und Scheffold (2023) schätzten eine Nettozunahme der OC-Speicherung in Sedimenten an OWF in der südlichen Nordsee in der Größenordnung von 1000 kt während eines 20-jährigen Lebenszyklus oder 50 kt pro Jahr-1. Diese Schätzung ist um eine Größenordnung größer als unsere geschätzte Verringerung. Insgesamt deutet ein Vergleich dieser Budgets auf eine positive Nettoauswirkung von OWF auf die Speicherung von organischem Kohlenstoff hin, wobei die lokalen Auswirkungen auf die Fundamente die großräumigen Auswirkungen, die eine Umverteilung des organischen Kohlenstoffs in der Ferne bewirken, überwiegen. Die Pläne für die Erschließung von OWF-Gebieten haben sich in den letzten Jahren rasch ausgeweitet und entwickeln sich auch weiterhin rasch weiter, so dass in Zukunft mit einer stärkeren Auswirkung auf den organischen Kohlenstoff zu rechnen ist.

Auswirkungen von Nachlauf- und Pfahleffekten

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Grafik: Wenyan Zhang/ Hereon

Auswirkungen von Nachlauf- und Pfahleffekten in Offshore-Windparks auf die Umverteilung von partikulärem organischem Kohlenstoff. Die Farben zeigen die durchschnittliche Jahresenddifferenz des gesamten organischen Kohlenstoffs im Sediment zwischen dem OWF-Szenario und der Basissimulation für das Jahr 2000. Tafel (a) zeigt die Auswirkungen der Umverteilung durch Schleppnetzfischerei allein, Tafel (b) beinhaltet zusätzlich die Verringerung der Windgeschwindigkeit in den Kielwassern der OWF und verstärkte Turbulenzen innerhalb der OWF, und Tafel (c) beinhaltet zusätzlich die Verringerung der Windgeschwindigkeit innerhalb der OWF.

Publikationen

Turbulenz im Ozean

Details aus einer Large Eddy Simulation

Turbulentes Geschwindigkeitsfeld im Schatten einer zylindrischen Struktur einer Windkraftanlage. Das Bild zeigt einen einzelnen Moment einer Large Eddy Simulation mit Blick von oben auf die Wasseroberfläche, wobei sich die Strömung von links nach rechts an der kreisförmigen Struktur vorbei bewegt. Blau zeigt eine starke Strömung an, rot eine schwache Strömung (Grafik: Jeff Carpenter / Hereon)

Turbulenz im Ozean wird durch die Wechselwirkung von Gezeitenströmungen und Offshore-Windfarm-Strukturen verursacht. Sie bieten ein zusätzliches Durchmischungspotenzial für die saisonale Schichtung, die sich in weiten Teilen der deutschen AWZ bildet. Auf diese Weise können großflächige OWF-Konstruktionen einen erheblichen Einfluss auf die Schichtung der Nordsee haben.

Die derzeitige Arbeit konzentriert sich auf das Verständnis und die Quantifizierung des lokalisierten Vermischungsprozesses eines einzelnen OWF-Fundaments mithilfe von Large-Eddy-Simulationen und In-situ-Messungen. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Turbulenz in der unteren Sprungschicht durch OWFs verstärkt werden dürfte.

Zusätzlich zu den hochauflösenden Large-Eddy-Simulationen werden regionale Ozeanmodelle verwendet, um die Auswirkungen der Vermischungsprozesse auf die Schichtung der Nordsee zu verstehen. Durch die Parametrisierung des Luftwiderstands und der Turbulenz, die von Monopiles erzeugt werden, haben jüngste Arbeiten gezeigt, dass die Auswirkungen der Fundamente weit über die Turbinenstandorte hinausgehen und die Sommerschichtung über große Gebiete in der Deutschen Bucht beeinflussen können.

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Veränderungen der sommerlichen Schichtung aufgrund von induzierten Turbulenzen durch Offshore-Windparkstrukturen in der Deutschen Bucht. Die potentielle Energieanomalie ist ein Maß für die Intensität der vertikalen Dichteschichtung der Wassersäule.

Publikationen

Chemische Umweltauswirkungen

Die Nordsee ist umgeben von stark bevölkerten und hoch industrialisierten Ländern. Der anthropogene Druck auf das marine Ökosystem ist unumstritten: Schadstoffe aus dem Inland gelangen über Flüsse ins Meer und auch das Meer selbst wurde vom Menschen längst als Nutzungsraum eingenommen. Schifffahrt, Fischerei, Verklappung und, seit neuster Zeit, auch die Produktion von Windenergie finden in der Nordsee statt. Zudem gibt es Pläne in naher Zukunft grünen Wasserstoff und speicherbare Folgeprodukte wie Ammoniak, Methanol und synthetischen Kraftstoffen offshore zu produzieren. Diese anthropogenen Aktivitäten bergen die Gefahr zusätzlicher zukünftiger Schadstoffeinträge. Zum gezielten Monitoring sowie zur Quellendifferenzierung neuer, aber auch bereits bekannter Schadstoffe sind daher valide analytische Methoden notwendig sowie die Bestimmung einer chemischen Basislinie.

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Abb.1: Offshore-Windparks stehen im Spannungsfeld zwischen den SDGs, die die Erzeugung erneuerbarer Energien fordern (SDG #7 und SDG #13), und haben gleichzeitig Auswirkungen auf die Meeresumwelt als neue Punktquellen für Emissionen (SDG #14) (© Lange et al., 2023)

Insbesondere der Korrosionsschutz der großen Stahlkonstruktionen, der mit der marinen Umwelt in direktem Kontakt steht und unumgänglich ist, stellt eine bisher wenig beachtete Emissionsquelle dar. Galvanische Anoden emittieren qua Design ihre Legierungsbestandteile Aluminium, Zink und Indium, aber auch andere enthaltene Metalle wie Gallium, Cadmium und Blei. Diese Anoden sind so konzipiert, dass sie anstelle des Baustahls korrodieren, was zu einer kontinuierlichen Emission von Metallen (z. B. >2000 kg Al-Anodenmaterial pro Anlagengründung für die Lebensdauer von 25 Jahren) in die Meeresumwelt führt.

In Kooperation mit dem Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie werden seit 2016 regelmäßig Offshore Windparks in der deutschen Nord- und Ostsee beprobt. Wasser- und Sedimentproben werden auf Metalle untersucht. Zusätzlich werden Isotopen- und Elementverhältnisse bestimmt, um weitere Rückschlüsse auf die Herkunft der gemessenen Metalle ziehen zu können.

In Abbildung 2 sind Daten aus den Jahren 2020 und 2021 als Verteilungskarten dargestellt. Für jedes Jahr ist die Gadolinium-Anomalie als Tracer für Flusseinträge, die Indium-Konzentration als Tracer für galvanische Anoden und Drift Trajektorien gezeigt, die den Weg des beprobten Wasserkörpers für die fünf Tage vor Probenahme darstellen. Durch die Kombination dieser drei Parameter kann die in 2020 im nördlichen Windpark gemessene erhöhte Indium-Konzentration auf die Nutzung von galvanischen Anoden in Offshore Windparks zurückgeführt werden. Für 2021 ist dieses Phänomen jedoch nicht zu sehen. Dies ist auf bspw. andere Durchmischung und größeren Einfluss von Küstengewässern zum Probenahmezeitpunkt zurückzuführen.

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Abb. 2: Räumliche Verteilung (von links nach rechts) der Gadolinium-Anomalie, der Indium Konzentration und der rückwärtigen Trajektorie der Wassermassen für ausgewählte Probenahmestellen in und um Offshore Windparks der Deutschen Bucht in den Jahren 2020 (oben) und 2021 (unten) (Manuskript eingereicht zur Publikation; Daten: https://doi.org/10.1594/PANGAEA.963880, https://doi.pangaea.de/10.1594/PANGAEA.973612).

Die Beprobung von Meerwasser bietet nur eine Momentaufnahme der Metallkonzentrationen. Durch veränderte Strömungsverhältnisse durch bspw. Stürme verändern sich auch gelösten Anteile an Metallen. Die Beprobung von Sediment birgt hingegen Informationen über langfristigere Änderungen in der Schadstoffbelastung im Umfeld der Anlagen. In Abbildung 3 sind die Massenfraktionen von Indium als Boxplots in Sedimenten aus Offshore Windparks gezeigt. Jährliche und regionale Unterschiede sind feststellbar. Die Daten deuten noch nicht auf eine beobachtbare Erhöhung oder Akkumulation von Metallmassenanteilen in Sedimenten aus Offshore Windparks hin. In einem dynamischen System wie der Nordsee mit ihren eher grobkörnigen Sedimenten könnte es jedoch länger dauern, bis sich eine messbare Veränderung der Metallmassenfraktionen zeigt. Daher sind die erhobenen Datensätze ein wichtiger Bezugspunkt für die künftige Überwachung von Offshore-Wind induzierten Emissionen und trägt dazu bei, die Wissenslücke bei den Hintergrunddaten insbesondere für Indium und Gallium in der Nordsee zu schließen.

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Abb. 3: Indium Massenfraktionen in Sedimenten (<20 µm Fraktion) in Offshore Windparks der deutschen Bucht je Windpark-Gebiet als Zeitreihe von 2016 bis 2023. Insgesamt zeigen sich z.T. große Unterschiede zwischen den Gebieten und lokal wurden erhöhte Indium-Massenfraktionen gefunden /bspw. Area N-4 im Jahr 2020). Bisher sind allerdings keine deutlichen zeitlichen Trends erkennbar. (aus Ebeling et al., 2023; erweitert um die Werte aus 2023)

Projekte




ANEMOI: Chemical emissions from offshore wind farms Anemoi




OffChEm & OffChEm II: Stoffliche Emissionen aus Offshore-Windanlagen - Mögliche Einflüsse auf die marine Umwelt und deren Bewertung OffChEm

Wasserstoff-Leitprojekt H2Mare H2Mare

Publikationen


Ökosystemveränderungen

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Offshore-Windkraftanlagen haben Auswirkungen auf die Umwelt und Ökosysteme während (a) ihres Baus und (b) während ihres Betriebs. Blaue Pfeile stehen für eine Abnahme eines bestimmten Prozesses und rote Pfeile für eine Zunahme. (Benkort 2024)






Die Auswirkungen von OWF auf die Meeresbiologie unter verschiedenen Aspekten des Meeresökosystems (siehe Abbildung).

Die vorherrschenden physikalischen Bedingungen bestimmen stark die biogeochemischen Prozesse der unteren trophischen Stufen des marinen Ökosystems. Die durch Windwakes verursachten hydrodynamischen Störungen wirken sich direkt auf die Dynamik des Ökosystems aus und beeinflussen beispielsweise den vertikalen Nährstofftransport, die Primärproduktion oder die lokale Biomasse.

Um die Auswirkungen eines veränderten Windfeldes auf die Hydro- und Ökosystemdynamik der Nordsee zu untersuchen, werden regionale und hochauflösende Modelle verwendet, darunter gekoppelte physikalisch-biogeochemische Modelle und flexible Modelle mit unstrukturierten Gittern.

OWEinflüsse auf Windgeschwindigkeit und Primärproduktion

Jährliche mittlere Veränderungen der Windgeschwindigkeit, der Nettoprimärproduktion und der Sauerstoffkonzentration im Bodenwasser, geschätzt für das 120-GW-OWF-Szenario, siehe Akhtar et al. 2022 (links) und Daewel et al. 2022 (Mitte/rechts).

In einer Modellszenario-Simulation, bei der wir von einer 120-GW-Anlage in der südlichen Nordsee ausgingen (Abbildung), simulierten wir die Reaktion des marinen Ökosystems auf OWF-erzeugte Windwirbelschleppen. Die Ergebnisse deuten auf eine großflächige Umstrukturierung des marinen Ökosystems mit lokalen Veränderungen von bis zu 10 % hin und unterstreichen, dass die Auswirkungen auf das Ökosystem weit über die Ausdehnung der Offshore-Windparks selbst hinausgehen.

Veränderungen der Phytoplankton Biomasse nahe Windparks (Simulation)

Simulierte Veränderungen der Phytoplanktonbiomasse, die durch die epistrukturelle Filtration durch die Miesmuschel Mytilus edulis auf neu geschaffenen Lebensräumen auf Offshore-Windparkpfählen zu erwarten sind. (Grafik: Carsten Lemmen/ Hereon)





Durch den Bau von Offshore-Windparks entstehen neue harte Oberflächen in der Wassersäule, die ein bevorzugter Lebensraum der Miesmuschel (Mytilus edulis) ist. Diese Miesmuscheln filtern Phytoplankton (Algen) aus dem Wasser und machen so das Wasser klarer.

Computersimulationen der südlichen Nordsee zeigen, wie viel Phytoplankton aus dem Wasser gefiltert würde, wenn alle geplanten Offshore-Windparkpfähle von Miesmuscheln besiedelt würden. Schätzungsweise 10 % der Algen werden durch die Filtration aus diesen epistrukturellen Miesmuscheln in oder in der Nähe der Windparks entfernt, und bis zu 10 % mehr Algen werden aufgrund von Sekundäreffekten, wie z. B. einer höheren Nährstoffverfügbarkeit in Lee der Offshore-Windparkflächen, erwartet.

Publikationen

Nutzungskonflikte und gesellschaftliche Wahrnehmung

Der Ausbau der Offshore-Windenergie von aktuell bis zu 70 GW in der deutschen Nordsee und bis zu 300 GW im gesamten Nordseeraum führt zu erheblichen Raumkonkurrenzen mit anderen Nutzungen, insbesondere dem Naturschutz und der Fischerei. Damit verbunden sind Konflikte zwischen den betroffenen Nutzergruppen, sowohl was die jeweiligen Interessen als auch deren jeweilige mentale Vorstellungen von der Zukunft des Meeresraumes angeht. In Interviews und Workshops hat sich gezeigt, dass Fischer den Verlust traditioneller Fangflächen befürchten, während Vertreter des Naturschutzes negative Auswirkungen auf geschützte Arten, die Veränderung natürlicher Habitate sowie negative Effekte auf Schutzgebiete und marine Ökosysteme im Allgemeinen befürchten.

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Dreieck der Schlüsselakteure für die zukünftige Nutzung der deutschen Nordsee (Grafik: Jürgen Schaper, Andreas Kannen / Hereon)

In inter- und transdisziplinärem Kontext arbeiten Sozialwissenschaftler am Hereon zu Nutzungskonflikten, aber auch zu den spezifischen Vorstellungen des Meeresraumes dieser Akteursgruppen, ihren Anpassungskapazitäten sowie Ansätzen der Maritimen Raumordnung.

Frühe Arbeiten zeigten insbesondere die mit der Offshore-Windkraft verbundenen Argumente der Küstenbevölkerung auf. Ein Vergleich dieser Argumente mit den persönlichen Werten, Überzeugungen und der Wahrnehmung des Gebiets durch die Befragten zeigt unterschiedliche Argumentationsmuster auf, die verschiedene Kommunikationsstrategien von Planern und Investoren im Rahmen von Planungs- und Genehmigungsverfahren erfordern.

Gesellschaftliche Wahrnehmung Windparks

Von Anwohnern angeführte Argumente für Offshore-Windparks an der schleswig-holsteinischen Wattenmeerküste. (Grafik: Kira Gee, Andreas Kannen/ Hereon)




Die Analyse der soziokulturellen Perspektiven auf Offshore-Windparks trägt somit zu einem besseren Verständnis von Widerstand, Akzeptanz und Unterstützung durch Anwohner und bestimmte Akteursgruppen bei.

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Weiterbildung zur Maritimen Raumplanung an der World Maritime University, Malmö. (Foto: Andreas Kannen / privat)

Auf Basis dieser Ergebnisse arbeiten die Hereon-Forschenden regelmäßig an der Analyse der volatilen politischen, rechtlichen und planerischen Zusammenhänge sowie in Zusammenarbeit mit Behörden und Akteursgruppen auch an methodischen Vorschlägen zur Verbesserung der maritimen Planung und des Managements, z.B. durch die Skizzierung eines Konzepts zur Anerkennung kulturell bedeutsamer Gebiete. Dies wird in Zusammenarbeit mit anderen Forschungsgruppen ergänzt um Analysen der Anpassungsmöglichkeiten, z.B. der Fischerei, sowie aktuell im Projekt CoastalFutures um transdisziplinäre Dialogforen mit verschiedenen Akteursgruppen zu Möglichkeiten, Chancen und Einschränkungen von Multi-Use-Konzepten für den Meeresraum und potenziellen Mehrfachnutzungen spezifischer Flächen. Die dabei gewonnen Erkenntnisse werden international in Forschung und Beratungsaktivitäten des International Council for the Exploration of the Sea (ICES) und in internationale Ausbildung zur maritimen Raumplanung umgesetzt.

Publikationen